I’ll be back! Kuratierter Content ist wieder ein Ding

Kuratierter Content von einem (menschlichen) Redaktionsteam wird zunehmend wiederentdeckt – vor allem von jenen, die sich zukünftig selbst als Medien(häuser) wahrnehmen möchten. Rein auf Algorithmen basierendes Kuratieren von News und Inhalten generell stößt alsbald an seine Grenzen. Im Vorteil ist, wer zusätzlich über ein Team verfügt, das auswählt, zusammenstellt, editiert und ergänzt.

Kürzlich hat etwa Twitter im Zuge des Project Lightning bzw. der Moments geäußert, ein menschliches Team mit der Endredaktion ihrer neuartigen News Experience zu betrauen. Nun könnte man einwenden, so ganz war die menschliche Redaktion aus dem Mainstream ja nie verschwunden! Das ist korrekt. Dennoch transformiert sich die Rolle der Menschen in der Inhaltsgestaltung in vielen Bereichen deutlich. Und: gerade neue Player auf dem Feld haben bisher häufig auf ein reales Redaktionsteam verzichtet.

Auf der einen Seite stehen die User, die Plattformen mit Massen an user generated Content anfüttern, selten aber journalistische Arbeit im qualitativen Sinne leisten. In der Folge sorgen auf der anderen Seite mehr oder weniger ausgereifte Algorithmen bisher dafür, welche dieser Inhalte wen erreichen.

An diesem Punkt tritt nun wieder der Mensch (zumindest) als Qualitätssicherer aufs Tapet. Zwar bieten zahlreiche Tools heute unverzichtbare Hilfestellungen in Bezug auf Trends, Entwicklungen, Recherche, multimediale Inhalte bzw. Vernetzung all dieser Erkenntnisse; es scheint aber immer dringender menschliches Maß zu benötigen, um

  • dieses Informationsdickicht durch zu jäten und lesefreundlich aufzubereiten
  • Logik und Seriosität zu überprüfen
  • zusammengehörige Informationen an gewissen Punkten zu sammeln
  • die Relevanz von Informationen zu bewerten oder
  • erklärende Hintergrundinfos und journalistischen Anspruch zu bieten

Kuratierter Content scheint für viele Player wieder in Mode zu sein. Google hat ja bereits erklärt, 150 Mio. Euro in den Qualitätsjournalismus investieren zu wollen. Was es darunter versteht, deckt sich in vielen Bereichen mit dieser Herangehensweise, wie das noch junge Google Newslab zeigt. Und zugegeben: die (natürlich hauseigenen) Tools bieten wundervolle Möglichkeiten.

Dass diese Entwicklung jedoch auch Gefahren birgt, steht außer Frage. So hat Google im Jahr 2014 infolge der vernichtenden Niederlage Brasiliens gegen Deutschland im FIFA-WM Halbfinale interveniert, um diese eben nicht in ihrer tatsächlichen „Dramatik“ darzustellen. Mag der geschilderte Anlass noch recht irrelevant sein und man es vielleicht sogar gut mit den Brasilianern gemeint haben, ist die Grenze zur Manipulation doch schon überschritten.

Kuratierter Content: Der Mensch als Hygienefaktor

Umso wichtiger ist es, dass den Kuratoren von ihren Plattformen auch die Anwendung von Medienethik zugebilligt wird – mehr noch: eigentlich muss sie explizit von ihnen verlangt werden!

Das menschliche Redaktionsteam kann aus dem Vollen schöpfen und wird mit Content bombardiert. Es sollte einerseits den Konsum von Information einfacher und zielgerichteter ermöglichen und andererseits medialer Hygienefaktor sein.

Das Wort „Kurator“ trifft die Sache eigentlich schon ganz gut: es stammt vom lateinischen curator ab, was soviel wie Pfleger, Vertreter oder Vormund bedeutet, sowie von curare, das wiederum für „Sorge tragen“ steht. In diesen Bedeutungen steckt bereits das nötige Maß an Verantwortung – allein es muss eben auch von den Ausführenden wahrgenommen werden. Kuratierter Content trägt also eine Sorgfaltspflicht.

Dennoch: aus derzeitiger Sicht scheint mir die „menschliche Rückbesinnung“ als recht positive Entwicklung!

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