PRVA Trendbarometer 2017 – Ave futurum, morituri te salutant! (I)

Heil dir, Zukunft, die Todgeweihten grüßen dich! Dieser Gedanke hat leider Substanz zur Serie. Den Anfang macht: Das Selbstverständnis der österreichischen PR-Szene laut PRVA Trendbarometer 2017.

Während sich einige bereits aktiv mit der postmodernen Kommunikation auseinandersetzen, vertrauen andere offenbar auf folgende Taktik: Wenn ich die digitale Transformation nicht sehe, sieht sie mich auch nicht! Aktuelles Indiz dafür: Die Ergebnisse im PRVA Trendbarometer 2017 des Public Relations Verband Austria. Der Veränderung begegnet die österreichische Agenturlandschaft demnach in erster Linie mit Trauerphase 1: Verleugnung. „Wovon ich keine Ahnung habe, das kann nicht wichtig sein! Und was ich glaube, gut zu können, das muss wichtig sein.“ So der Eindruck, der nach Lesen der Presseinfo bei mir hängen geblieben ist. Tja.

Das PRVA Trendbarometer

Der Reihe nach: Das PRVA Trendbarometer 2017 wurde im Frühjahr durchgeführt. In der Studie werden neben Trends und Selbstverortung auch Honorare abgefragt. Das liefert ganz interessante Benchmarks. Die Studie „basiert auf Angaben von 100 PR-ExpertInnen aus Österreich und gibt Einblicke, welche Themen die PR-Branche aktuell bewegen.“ Diese Einblicke lassen mich erschaudern.

„Ein erfreuliches Bild kann zum Selbstverständnis der PR-Branche festgestellt werden. Hier herrscht Selbstbewusstsein vor, wenn es darum geht, die Leistungen und die Leistungsfähigkeit der PR-ExpertInnen für ein Unternehmen oder die Gesellschaft zu beschreiben“.

Hm, so erfreulich ist das aber gar nicht. Denn dieses Selbstbewusstsein kann sich eigentlich nur auf die Vergangenheit stützen. Was war hier die Fragestellung? „Glauben Sie, Sie können das, was Sie den ganzen Tag tun?“ Das würde das Ergebnis erklären. Wenn ich im 19. Jahrhundert Kerzenzieher danach gefragt hätte, ob sie meinen, gut im Kerzenziehen zu sein: Die Ergebnisse wären vermutlich ähnlich. Klar, Kerzen gibt’s immer noch. Kerzenzieher aber kaum. Die Stichhaltigkeit der Ergebnisse (wenn man alle Selbstgefälligkeit bzw. Selbstschutzbehauptungen beiseite lässt) sehe ich nicht. Daher würde ich die (von sich selbst) festgestellte Kompetenz vielen in der Branche nicht so selbstverständlich zugestehen. Warum? Darum:

Digitalisierung und Trends

Gefragt wurde im Trend-Barometer einerseits nach der Relevanz von Entwicklungen. Andererseits nach der Einschätzung, wie gut die PR-ExpertInnen auf diese vorbereitet sind. Hier zeigt sich: Die Branche sieht sich noch nicht ideal auf die Herausforderungen der digitalen PR-Welt vorbereitet. …“noch nicht ‚ideal'“. Na gerade das könnte für die eigene Kompetenz ja nicht so ganz unwesentlich sein.

Obwohl man glaubt, gut zu sein, fehlt es in der Selbsteinschätzung an den folgenden Kompetenzen:

Herausforderungen wie Social Media Listening, Echtzeit-Monitoring, die Aufhebung der Trennung von Marketingkommunikation und Journalismus (Content Marketing) bzw. der Grenzen zwischen Marketing- und Unternehmenskommunikation, die Täuschung durch Fake News, manipulierte Accounts und Posts, gekaufte Fans und Likes wollen in der Praxis allerdings noch besser gemeistert werden.

Wir haben das Jahr 2017. Nur mal so erwähnt. Doch wird diesen Thematiken, in denen man die eigenen Kompetenzen als zu gering vermutet, zumindest noch eine gewisse Relevanz attestiert. Themen, die nach Einschätzung der befragten PR-ExpertInnen dagegen nicht relevant sind:

  • Big Data
  • Bots
  • Automatisierung

„…deren Relevanz wird aber auch nicht als besonders prioritär eingeschätzt.“

Also im Wesentlichen jene ganz elementaren Bereiche der Digitalen Transformation, die das disruptivste Potenzial haben. Es mag Gründe haben, warum die meisten Branchen gerade darin die größten Potenziale vermuten. Nicht so die PR in Österreich. Wovon man keine Ahnung hat, das kann nicht wichtig sein, so scheint es:

„Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung“, soll Kaiser Wilhelm, der II., gesagt haben. Nun ja, den Automobilen war das scheißegal.

Ave futurum, morituri te salutant!

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