Revival eines Branding KPI: Der Net Promoter Score

Loyalität ist die neue Akquise! Wenn wiederkehrende Kunden mit steigendem Einkommen und Multiplikator-Funktion das Ziel moderner Branding-Strategien sind: Wie misst man dieses dann? Eine Möglichkeit: Mit dem Net Promoter Score.

Vorweg: Der Net Promoter Score war nie unumstritten. Wissenschaftliche Unzulänglichkeit wird ihm etwa vorgeworfen. Und dennoch: Dieser Branding KPI, den Fred Reichheld 1999 vorgestellt hat, zeigt Wirkung. 20 Jahre alt erlebt der NPS seine Renaissance im Umfeld disruptiver, digitaler Unternehmen wie N26, Smart.ly uvm. Aber was ist der Net Promoter Score eigentlich? Und warum ist Kundenloyalität aktuell das heiße Ding?

Warum reden alle von Kundenloyalität?

Beginnen wir vielleicht mit einem etwas bieder wirkendem Beispiel: Versicherungen. Wobei gerade in diesem Bereich die Digitale Transformation aktuell mit voller Wucht zuschlägt, Stichwort Insurtech. Aber weiter im Text: Versicherungen sind ein typisches Beispiel, bei dem die Förderung einmaligen Absatzes viel weniger Relevanz besitzt als der Customer Lifetime Value (CLV) – und somit die Kundenloyalität. Derartige Voraussetzungen treffen aber auf immer mehr Geschäftsmodelle zu.

Den Paradigmenwechsel hat auch die deutsche Versicherungswirtschaft 2009 selbst festgestellt:

»weg von einer transaktionsorientierten Neukundengewinnung hin zu einer langfristigen Festigung der bestehenden Kundenbeziehungen«

Das Interesse, Kundenbindung messen und als KPI mit aufnehmen zu können, ist nur logisch. Die deutsche Versicherungswirtschaft hat daher  in einer eigenen Untersuchung anhand der Privaten Krankenversicherungen die Tauglichkeit des NPS überprüft: Die Ergebnisse korrelieren. Es folgte eine Empfehlung an die eigenen Mitglieder.

»Mit dem NPS lässt sich erstmals die Kundenbindung in der Versicherungsbranche eindeutig mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen korrelieren.«

Was will der Net Promoter Score konkret messen?

„Kundenloyalität!“ werden viele jetzt reflexartig denken. Ja, aber… Kundenloyalität ist hier der Steigbügelhalter für eine noch viel relevantere Eigenschaft: Wachstum! Laut Frederick Reichheld, dem Erfinder des NPS, kann diese eine Kennzahl ausreichen, um das Wachstumspotenzial eines Unternehmens vorherzusagen. Wie aber soll das gedanklich funktionieren?

Der Erkenntniswert liegt in der Messung der Bereitschaft, die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens weiterzuempfehlen. Reichheld formuliert für Kundenloyalität folgende Definition:

»Loyalty is the willingness of someone – a customer, an employee, a friend – to make an investment or personal sacrifice in order to strengthen a relationship. For a customer, that can mean sticking with a supplier who treats him well and gives him good value in the long term even if the supplier does not offer the best price in a particular transaction (…)

True loyalty clearly affects profitability.«

Entscheidender Grund, warum die Kundenloyalität das Wachstum positiv beeinflusst, ist folgender:

  • Kunden tendieren dazu, im Zeitverlauf immer größere Anteile ihres Einkommens für Produkte und Services eines Unternehmens auszugeben, dem sie sich loyal gegenüber fühlen.
  • Darüber hinaus steigen die durchschnittlichen Einkommen loyaler Kunden im Zeitverlauf, was den absoluten Wert- und Cash-Beitrag dieser noch vergrößert.
  • Neben den steigenden Umsätzen direkt von loyalen Kunden ist vor allem ihre Rolle als Promotoren hoch relevant.

Ein loyaler Kunde bürgt mit seiner eigenen Reputation für das Unternehmen, dessen Produkte und Dienstleistungen gegenüber potenziellen Neukunden aus dem persönlichen Umfeld. Die vertrauensvolle Weiterempfehlung ist entscheidender Wachstumstreiber. Angenehmer Nebeneffekt: Er verursacht für das Unternehmen keine direkten Akquisekosten.

Wie misst man den den Net Promoter Score? Die Kunst der Einfachheit

Wie misst man die Kundenloyalität nun aber konkret? Der Net Promoter Score stellt dazu lediglich eine Frage:

»How likely is it that you would recommend [company X] to a friend or colleague?«

Die Befragten beantworten dies auf einer Skala von 0 (gar nicht wahrscheinlich) bis 10 (extrem wahrscheinlich). Daraus ergeben sich drei Gruppen:

  • Promoters (10 oder 9 vergebene Punkte)
  • Passively Satisfied (8 oder 7 vergebene Punkte)
  • Detractors (6 oder weniger vergebene Punkte)

Offensichtlich ist, dass es vor allem um die Promoters geht – also Zufriedene, die proaktiv gut über das Produkt oder Service sprechen. Nach der Einteilung in diese Gruppen lässt sich der Score berechnen. Der Net Promoter Score ergibt sich einfach aus der Differenz von Promoters (prozentuell) und Detractors (prozentuell). Laut Reichheld führt diese etwas willkürlich anmutende Einordnung zu belastbaren Ergebnissen:

»The results were striking. In airlines, for example, a strong correlation existed between net promoter figures and a company’s average growth rate over the three year period from 1999 to 2002. Remarkably, this one simple statistic seemed to explain the relative growth rates across the entire industry; that is, no airline has found a way to increase growth without improving its ratio of promoters to detractors.«

Kritik am NPS

Vorauszuschicken ist, dass der Ansatz immer wieder als methodisch unzulänglich und vorrangig auf den anglo-amerikanischen Raum anwendbar kritisiert wurde. Letzterem Kritikpunkt nimmt die angesprochene Untersuchung der deutschen Versicherungswirtschaft aus 2009 etwas den Wind aus den Segeln.

Wie jeder KPI ist auch der Net Promoter Score aber nur mit gesundem Menschenverstand eingesetzt und betrachtet wirklich hilfreich. Ein Allheilmittel in einem KPI zu suchen ist ohnehin zum Scheitern verurteilt. Dennoch:  Beim Net Promoter Score lassen sich immerhin Korrelationen zwischen Kundenloyalität und Wachstum herstellen. Besonders für die professionelle Kommunikation sollte diese Kennzahl also von großem Interesse sein. Sie ist aktuell einer der relevantesten Branding KPI. Denn:

»The only path to profitable growth may lie in a company’s ability to get its loyal customers to become, in effect, its marketing department«

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