KI ist ein Problem für unser Ego

Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt sich exponentiell und ist spätestens seit Ende 2022 omnipräsent. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf unser Selbstbild aus? In diesem Beitrag widme ich mich der Frage, warum KI ein Problem für unser Ego darstellen kann und warum wir diese gefährliche Eitelkeit überwinden sollten. Das ist erforderlich, um Potenziale von „Augmented Intelligence“ nutzenbar zu machen – also: um eine optimierte Integration von humaner und maschineller Intelligenz zu erreichen. Damit können wir uns gewisser Belastungen entledigen und mehr Zeit für das, was uns letztlich zu Menschen macht, aufwenden. Wenn wir es richtig anstellen.

Künstliche Intelligenz ist ein Etikettenschwindel

Zunächst scheint es mir wichtig, einen Etikettenschwinden zu entlarven: KI ist nicht intelligent – zumindest nicht im Sinne menschlicher Intelligenz oder jenem von Jean Piaget:

Intelligenz ist das Wissen, das man einsetzt, wenn man nicht weiß, was zu tun ist.

Jean Piaget

KI-Systeme können Muster erkennen und auf Basis vorhandenen Wissens komplexe Aufgaben lösen, aber sie sind nicht in der Lage, originäre Ideen zu generieren oder Probleme selbstständig zu identifizieren. KI hat keine eigenen Ideen, sie kann jedoch menschliche Tätigkeiten effizienter gestalten.

Der stochastische Papagei: Textbasierte KI

Heutzutage wird KI oft mit dem Begriff „stochastischer Papagei“ beschrieben, insbesondere im Zusammenhang mit textbasierten KI-Systemen wie GPT-4. Diese Systeme sind in der Lage, sehr gute Vorhersagen darüber zu treffen, welche Wörter oder Wortgruppen in einem bestimmten Kontext aufeinanderfolgen. Dabei können sie beeindruckende Ergebnisse liefern, die den menschlichen Schreibstil sehr genau imitieren. Kein Wunder, schließlich steht ihnen hierfür das gesammelte Weltwissen zur Verfügung. Nicht-Linearität, Brüche oder Prozessmusterwechsel sind dabei jedeoch nicht vorgesehen oder gar vorauszusehen.

KI und unser Ego

Die Tatsache, dass KI in vielen Bereichen dennoch effizienter arbeiten kann als wir (Menschen) es können, führt unweigerlich zu einer Kränkung unseres Egos. Wir sind stolz auf unsere Intelligenz und möchten uns durch kreative Lösungen und einzigartige Ideen auszeichnen. Wir sind stolz auf unsere Leistungen. Wer möchte aber nun von einem, wie wir erfahren mussten, noch nicht mal wirklich intelligenten System ersetzt werden? Was bedeutet das auch im Umkehrschluss? Dass die eigene Tätigkeit nicht intelligent ist? Nun ja. Ja. Das bedeutet es, wenn wir uns ehrlch machen – zumindest in einigen (und gar nicht so wenigen) Aufgabenbereichen. Die KI zeigt uns gerade auf, dass nicht alles an unseren beruflichen Tätigkeiten wirklich humane Intelligenz erfordert. Das kann schwer zu akzeptieren sein. Wenn man das allerdings tut, kann man sich von eben jenem befreien. Und das erscheint mir dann doch erstrebenswert.

Augmented Intelligence: Die Integration von humaner und maschineller Intelligenz

Anstatt KI als Bedrohung für unser Ego zu betrachten, sollten wir uns auf die Möglichkeiten konzentrieren, die sich durch die Kombination von menschlicher und künstlicher Intelligenz ergeben – das Konzept der „Augmented Intelligence“. Durch die optimierte Integration von humaner und maschineller „Intelligenz“ können wir die Stärken beider Systeme nutzen, um bessere Ergebnisse zu erzielen und effizienter zu arbeiten.

In diesem Sinne spricht viel dafür, KI für die repetitiven und weniger kreativen Aufgaben in unserem Tätigkeitsbereich einzusetzen, während wir uns auf unsere kreativen Fähigkeiten, Problemlösungskompetenzen, nötige Prozessmusterwechsel und innovativen Ideen konzentrieren. Durch die Kombination unserer Fähigkeiten mit der Effizienz der KI können wir unseren Intelligenz-Output auf ein neues Niveau heben.

KI als Potenzial für effiziente Prozesse und effektive Lösungen

KI mag ein Problem für unser Ego darstellen, aber nur, wenn wir sie als solches betrachten. Vermutlich können wir erst, wenn wir uns die Nicht-Intelligenz in unseren Aufgaben eingestehen, das volle Potenzial von Augmented Intelligence ausschöpfen: Wenn wir diese Möglichkeiten erkennen, die sich durch die Zusammenarbeit von menschlicher und künstlicher Intelligenz ergebe. Und mit dieser Erkenntnis neue Wege beschreiten und dabei effizienter, vor allem aber effektiver, und letztlich kreativer arbeiten (Reminder: KI ist effizent, nicht aber effektiv).

Die richtigen Fragen stellen

Der springende Punkt: KI sucht sich die Probleme, die sie lösen muss (zumindest auf der Meta-Ebene), nicht selbst. Gut, sie kann Code reviewen etc. und das sehr gut, wobei wir aber wieder bei der Mustererkennung und nicht beim Originär-Schöpferischen sind…

Anstatt uns also von der KI bedroht zu fühlen, sollten wir unsere Energie darauf verwenden, die richtigen Fragen zu identifizieren und zu stellen (und diese auch richtig – Stichwort Prompt Engineerung – zu stellen). Künstliche Intelligenz kann uns in der Folge dabei unterstützen, schnelle und effiziente Antworten auf diese Fragen zu finden. In einer Welt, in der Informationen immer zugänglicher werden (was gut ist!), ist es wichtiger denn je, unsere kritischen Denkfähigkeiten zu schärfen und ebenjene richtigen Fragen zu stellen, zumal es die Antworten dann oft kostenlos im Internet gibt!

Zusammenarbeit statt Konkurrenz

Es ist wichtig, KI nicht als Konkurrenz, sondern als Werkzeug zu betrachten. Indem wir die Stärken der KI nutzen und sie mit unseren eigenen Fähigkeiten kombinieren, können wir unsere Erkenntnisse auf ein neues Niveau heben. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es uns, uns auf die kreativen und innovativen Aspekte unserer Herausforderungen zu konzentrieren und uns gleichzeitig bei der Ausführung selbst die Effizienz der KI untertan zu machen.

KI: Freund oder Feind?

Zum Schluss möchte ich nochmal festhalten, dass KI zwar problematisch fürs Ego sein kann, besonders, wenn man sich von ihr bedroht fühlt. Angst ist ja sowieso nie ein guter Ratgeber. Weder vor den/dem Fremden, der Zukunft oder eben auch KI. Vor allem aber bietet sie enorme Chancen für ein effizientes und erfolgreiches Arrangement mit unserer menschlichen, echten Intelligenz „im Lead“. Indem wir die Potenziale der Augmented Intelligence für uns erkennen und nutzbar machen, können wir unsere Erkenntnisse, Ergebnisse und letztlich unsere gesamte Lebensqualität verbessern (Hello, Regelarbeitszeitreduzierung, I’m looking at you! 👋) – und dabei neue Wege beschreiten, um kreative und innovative Lösungen zu entwickeln. Endlich haben wir potenziell Ressourcen (und Zeit!) für die richtigen, bedeutenden Fragen, anstatt sie nur rhetorisch zu stellen, um uns sodann gleich wieder unseren Tasks zu widmen.
…wenn wir unsere Karten richtig ausspielen.

Ob die KI nun Freund oder Feind ist, ist noch nicht zu Ende verhandelt (neu verhandelt müssen im Angesicht der aktuell radikalen Veränderungen übrigens auch die Fragen, was Kreativität bzw. Kunst/ein Werk ist, oder ob das Konzept des Urheberrecht eines einer ausgehenden Moderne ist). Der Ausgang ist offen. Ich denke, in diese Frage (und die subjektiv vermutete Antwort) wird besonders viel des eigenen Menschenbildes projiziert. Und irgendwo schlummert in uns Menschen letzlich unweigerlich das Gute – wenn man dem Bösen die Abstraktion nimmt, was leider allzu häufig Oper fordert. Aber:

Zusammen kann das gut werden – eine Idee nach der anderen.

Das Header-Bild enstand im Rahmen eines Vortrags bei VKU-Marketing-Experts, Credits: VKU Akademie/Jule Kutsche

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